Nur noch einmal Saatgut kaufen – Neue Lizenz erlaubt wieder Eigenproduktion

Hannelore Goos(nh). Von der eigenen Ernte einen Teil geschützt lagern und im Folgejahr wieder zur Aussaat verwenden – das war seit Jahrtausenden das übliche Vorgehen im Getreideanbau. In den letzten Jahrzehnten hat sich das aber geändert.: • Durch die Züchtung sogenannter Hybridsorten, die zwar verbesserte Eigenschaften aufweisen, diese aber nicht vererben, wurden die Bauern gezwungen jedes Jahr neues Saatgut zu kaufen.  Ein aufwendiges und teures Lizenzierungsverfahren und die Patentierung solchen Saatguts durch Großkonzerne führte dazu, dass immer weniger Sorten zu immer höheren Preisen angeboten wurden. Saatgut-Einkauf ist also für alle Getreidebauern ein jährlicher Kostenfaktor geworden. Das soll aber nicht so bleiben. AGRECOL, ein Verein zur standortgerechten Landnutzung in Marburg, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Entwicklung zu durchbrechen. Sie bieten Saatgut unter einer Lizenz an, die analog zu Computerprogrammen OpenSourceSeeds genannt wird.

Diese Lizenz besagt in Kurzform:
• Unter dieser Lizenz gekaufter Samen darf selbst vermehrt und weiter verwendet werden.
• Saatgut dieser Lizenz darf nicht patentiert werden.

Der zweite Punkt unterscheidet die deutschen OpenSourceSeeds-Lizenz von der bereits existierenden amerikanischen: Dort können sich interessierte Konzerne durchaus eine derart gezüchtete und verbreitete Samensorte „unter den Nagel reißen“. Nach der deutschen Lizenz ist das nicht möglich. Zur Zeit werden unter der OpenSourceSeeds-Lizenz drei Weizensorten angeboten, zwei Sommer- und ein Winterweizen (http://www.opensourceseeds.org/die-liste). Außerdem gibt es auch Samen für eine Tomate: Sunviva, die in Zusammenarbeit mit der Universität Göttigen gezüchtet wurde. (http://www.opensourceseeds.org/saatgut/tomate-„sunviva“).  Auch für sie gilt die neue Lizenz. Das ist natürlich auch für alle Gartenbesitzer interessant. Gerade im Bereich der Tomaten war es so weit gekommen, dass Saatgut alter Sorten nur noch als „Zierpflanzensamen“ verkauft werden konnte, denn für die kleinen Züchter dieser Sorten ist das Lizenzierungsverfahren viel zu teuer. Gleichzeitig sind die „offiziell“ angebotenen Sorten ausschließlich für Gewächshauskultur geeignet. Tomatenpflanzen unter freiem Himmel wie zu Omas Zeiten sind angeblich nicht mehr möglich. Die neue Tomatensorte „Sunviva“ soll wieder ganz normal im Freiland kultivierbar sein. Als Saatzeit (im Zimmer) wird Mitte Februar angegeben, also jetzt bald. Dann kann sie nach den Eisheiligen bereits mit Blütenansätzen ausgepflanzt werden und trägt bald Früchte. Natürlich ist auch Kübelkultur auf dem Balkon möglich. Von den geernteten Früchten kann man dann ganz leicht eigenes Saatgut gewinnen und nächstes Jahr weiterverwenden.

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