Dr. Beate Eusterschulte wird neue Ärztliche Direktorin der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie

Eine Ära geht zu Ende: Vitos Geschäftsführer Reinhard Belling, LWV-Landesdirektor Uwe Brückmann, Susanne Nöcker, Ministerialrätin im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, Vitos Haina-Geschäftsführer Ralf Schulz und Friedel Kopp, Präsident der Verbandsversammlung des Landeswohlfahrtsverbands Hessen, verabschiedeten Dr. Rüdiger Müller-Isberner in den Ruhestand und begrüßten Dr. Beate Eusterschulte als neue Ärztliche Direktorin der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina. Foto.Vitos (rr/nh)

 Dr. Rüdiger Müller-Isberner nach 38 Jahren beim Landeswohlfahrtsverband Hessen in den Ruhestand verabschiedet

Haina (Kloster)(rr/nh). Sein Name ist Synonym für die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina: Dr. Rüdiger Müller-Isberner leitete 30 Jahre lang als Ärztlicher Direktor die Maßregelvollzugseinrichtungen im Kellerwald und in Gießen. Mit dem Monatswechsel endet diese Ära: In einem Festakt wurde der weltweit anerkannte Arzt und Wissenschaftler in den Ruhestand verabschiedet. Neue Ärztliche Direktorin wird die bisherige Stellvertreterin Dr. Beate Eusterschulte. Vertreten wird sie von Dr. Volker Hofstetter. Uwe Brückmann, Landesdirektor des Landeswohlfahrtsverbands (LWV) Hessen und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Vitos GmbH, überreichte Dr. Müller-Isberner in Anerkennung seiner außergewöhnlichen Verdienste die Ehrenplakette in Gold – die höchste Auszeichnung, die der LWV vergibt.  In seiner Laudatio erinnerte Brückmann an die „turbulenten Anfangsjahre“, als es noch an konzeptionellen Grundlagen in der forensischen Psychiatrie gefehlt habe. „Der Weg war nicht einfach und von vielen Widerständen geprägt“, sagte der Landesdirektor. Doch Dr. Müller-Isberner – der „Jürgen Klopp der Forensik“ – habe mit enormer Leidenschaft, absoluter Zuverlässigkeit und großer Präzision die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina geprägt – auf Basis einer „sensationellen wissenschaftlichen Karriere“. Die von ihm entwickelten Instrumente zur Risikoprognose seien längst etabliert, die Klinik national und international bestens vernetzt und anerkannt. „Es wird neidisch nach Haina geblickt.“ Der Ärztliche Direktor habe stets auf seine eigene Art agiert, betonte Brückmann – dabei aber besonderen Wert auf Teamarbeit und die Unterstützung seiner jungen Ärzte gelegt. Gelassen könne Dr. Rüdiger Müller-Isberner sein „berufliches Erbe in bewährte Hände übergeben“, denn Dr. Beate Eusterschulte verfüge über hohe fachliche Reputation, habe sich in den vier Jahren als seine Stellvertreterin bewährt, und sei als Wissenschaftlerin international anerkannt. Für ihre neue Aufgabe wünschte Brückmann der passionierten Radsportlerin „viel Geduld und eine gute Ausdauer“.  „Was hätte jetzt wohl der ,Chef‘ gesagt?“ Diese Frage würden sich die Mitarbeiter der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina in Zukunft sicherlich häufiger stellen, prognostizierte Susanne Nöcker, Ministerialrätin im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Die Leiterin der Fachaufsicht forderte dazu auf, die neuen Herausforderungen selbstbewusst anzugehen. „Denn nicht umsonst steht der Maßregelvollzug in Hessen so gut da.“ Mit Dr. Beate Eusterschulte erhöhe sich die Quote der Ärztlichen Direktorinnen in den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie von 20 auf 40 Prozent. „Das freut mich sehr.“

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Reinhard Belling, Geschäftsführer der Vitos GmbH, bezeichnete die heutige Vitos Klinik als erfolgreichen Gegenentwurf zur von Zeitgeist und Intuition geprägten forensischen Psychiatrie der 80er Jahre. Die Arbeit in der Klinik sei das Gegenteil der weit verbreiteten und so gefährlichen „Simplifizierung“. Die Behandlung psychisch kranker Rechtsbrecher sei keine einfache Aufgabe. „Umso entscheidender sind wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Methoden.“ Für diese Entwicklung gebühre Dr. Müller-Isberner Dank und Anerkennung. Seine Nachfolgerin Dr. Eusterschulte übernehme eine „tolle Aufgabe“ – jedoch mit neuen Herausforderungen. Belling verwies auf die erhöhten individuellen Freiheitsrechte der Patienten und eine neue öffentliche Auseinandersetzung mit dem Maßregelvollzug, die nicht immer an Fakten orientiert sei.  Stellvertretend für alle Mitarbeiter der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina dankte Pflegedirektorin Gudrun Gaertner dem scheidenden Ärztlichen Direktor. „Der Name Rüdiger Müller-Isberner ist in der Welt untrennbar mit unserer Vitos Klinik verbunden.“ Der „stetige Motor der Klinik“ habe 30 Jahre lang fachliche Innovationen erschlossen, in der Klinik implementiert und dabei alle Berufsgruppen mitgenommen. Der „unorthodoxe Ärztliche Direktor“ genieße aufgrund seiner besonderen Haltung zum „multiprofessionellen Team“ größten Respekt bei allen Mitarbeitern. Und mit seiner „unnachahmlichem Fürsorglichkeit“ habe Dr. Rüdiger Müller-Isberner die Klinik und alle Mitarbeiter nun auch in beste Hände übergeben. Dr. Beate Eusterschulte sei eine „bemerkenswerte Frau“, die auf „starkem Fundament eine innovative Zukunft gestalten kann“.  Von einer „30-jährigen Abenteuerreise“ sprach Dr. Rüdiger Müller-Isberner in seinem Schlusswort, in dem er seine Rolle im Maßregelvollzug einordnete. „Die Gerichte entlassen die Patienten. Ihnen schulde ich eine informatorische Entscheidungsgrundlage.“ In der öffentlichen Diskussion würde dieses Faktum häufig verdreht. Doch noch wichtiger als diese Klarstellung sei ihm der Dank an seine Mitarbeiter. „Ohne Euch wäre ich nichts. Alle Erfolge sind Eure Erfolge“, rief er ihnen zu. Froh sei er über die Entscheidung, dass Dr. Eusterschulte die Klinik führe. „Bei ihr sind die Patienten und die Mitarbeiter in guten Händen.“ In ihrer Antrittsrede fasste sie den Status quo der Klinik zusammen und wagte einen Blick in die Zukunft. „Die Behandlung im Maßregelvollzug ist komplexer geworden, die forensische Psychiatrie wird wieder stärker kritisch hinterfragt“, sagte Dr. Eusterschulte. Für viele Menschen sei der Maßregelvollzug eine „Blackbox“. Neben der Weiterentwicklung der evidenzbasierten Behandlungsprogramme werde deshalb der Kommunikation eine besondere Bedeutung zukommen.

Zur Person: Dr. Rüdiger Müller-Isberner
Dr. med. Rüdiger Müller-Isberner ist seit 1987 Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina. Von 1994 bis 1999 war er Sprecher der deutschen Maßregelvollzugseinrichtungen und von 2003 bis 2005 Präsident der International Association of Forensic Mental Health Services (IAFMHS). Rüdiger Müller-Isberner ist der Verfasser von über 180 wissenschaftlichen Zeitschriftenartikeln und Buchkapiteln sowie Herausgeber von sechs Büchern. Rüdiger Müller-Isberner ist seit über 25 Jahren in eine Vielzahl von nationalen und internationalen Forschungsprojekten eingebunden. Die IAFMHS verlieh ihm 2016 in New York City den „Award for Outstanding Contributions to Forensic Mental Health Science and Practice”.

Zur Person: Dr. Beate Eusterschulte

Dr. med. Beate Eusterschulte ist seit 2001 an der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina tätig. Sie ist Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Schwerpunkt forensische Psychiatrie (LÄK Hessen) und forensische Psychiaterin (DGPPN). Sie verfügt über die volle Weiterbildungsermächtigung im Schwerpunkt forensische Psychiatrie. Beate Eusterschulte ist Mitglied des Advisory Board der International Association of Forensic Mental Health Services und kann eine umfangreiche nationale und internationale Vortragstätigkeit nachweisen. Sie ist Master of Business Administration (MBA) in Healthcare Management mit dem Interessenschwerpunkt „Behandlungsorganisation im Maßregelvollzug“.

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Hintergrund: Die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina
Die Vitos Klinik für forensische Psychiatrie Haina wurde am 1. Juli 1977 gegründet. Sie ist für die Behandlung der erwachsenen psychisch kranken Rechtsbrecher (§ 63 Strafgesetzbuch) in Hessen zuständig, des Weiteren für die vorläufige Unterbringung nach § 126a Strafprozessordnung. Ferner wird die Begutachtung gemäß § 81 Strafprozessordnung vorgenommen. Mit internationaler Kooperation wird darüber hinaus wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der forensischen Psychiatrie betrieben. Die Klinik hat zwei Standorte: Haina (Kloster) als Hauptstandort und den Standort in Gießen.

 Forensische Psychiatrie gemäß § 63 Strafgesetzbuch

Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung eine Straftat begangen haben, werden von einem Gutachter dahingehend untersucht, ob sie zum Tatzeitpunkt nicht oder nur vermindert schuldfähig waren. Wenn das der Fall ist, und wenn aufgrund der Erkrankung weitere erhebliche Straftaten zu erwarten sind, weist das Gericht den psychisch kranken Rechtsbrecher in eine Klinik für forensische Psychiatrie (Maßregelvollzug) ein. Hier wird seine Erkrankung (ärztlich) behandelt und eine sichere Unterbringung gewährleistet. In Hessen werden alle Kliniken für forensische Psychiatrie durch Vitos betrieben. Grundlage ist ein Beleihungsvertrag mit dem Land Hessen. Die Fachaufsicht für den Maßregelvollzug liegt beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Im nationalen Vergleich der forensischen Psychiatrien hat Hessen die kürzesten Verweildauern und die höchste Entlassungsquote. Die Anzahl bedingt entlassener Patienten in eine ambulante Behandlung ist in Hessen seit Jahren am höchsten. Mit 6,2 Jahren liegt die Verweildauer bei Beendigung der Maßregel im Jahr 2015 rund 3,7 Jahre unter dem Bundesdurchschnitt.* Im Jahr 2016 wurden durchschnittlich 686 Patienten in den Vitos Kliniken für forensische Psychiatrie behandelt. * nach Ceus-Kerndatensatz für den Maßregelvollzug 2015

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