Ohne mutige Landwirte geht es nicht

Expertengruppe der Flora und Fauna besichtigt Grünland in der Wetschaftaue
Ernsthausen/Roda(pm). Dass es einen Rückgang der Artenvielfalt gibt und viele Vogel- und Insektenarten aus unserer Landschaft verschwinden, gehört längst zum Allgemeinwissen. Einst weit verbreitete Arten wie das Braunkehlchen sind heute selten gewordene Besonderheiten. Ornithologen, Botaniker und Faunisten beobachten diese Entwicklung seit Jahren in unserem Landkreis. Positiv überrascht waren die Fachleute, die sich als Expertengruppe zur Artenkenntnis organisiert haben, jedoch bei einem Besuch der Frisch- und Feuchtwiesen zwischen Ernsthausen und Roda am 01. September. In einer Exkursion, die vom Landschaftspflegeverband organisiert wurde, zeigten Vertreter aus Landwirtschaft und Landschaftspflege alternative Nutzungsformen, die sich positiv auf die Natur und die Artenvielfalt auswirken.


Besondere Pflegemaßnahmen erhalten die Arten des Moores
Die erste Station war das Naturdenkmal Seitenbruch. Klaus Klimaschka von der Umweltgruppe Burgwald, der am Nachmittag durch das Programm führte, berichtete von der 20-jährigen Geschichte der Fläche neben dem einstigen Sportplatz. Als ein Mitglied der Behörde bis zur Hüfte im Gelände versunken sei, habe man die Besonderheit der Fläche erkannt, erinnerte er sich. Eine anschließende Samenbankanalyse habe das bemerkenswerte vegetationsökologische Potential des Geländes offenbart. Fast 10.000 Pflanzen pro Quadratmeter, darunter 270 verschiedene Arten sowie typische Charakterarten der Moore konnten nachgewiesen werden. Dank Pflegemaßnahmen, die durch die untere Naturschutzbehörde unterstützt und begleitet wurden, sind einige dieser Arten heute wieder fester Bestandteil der Vegetation wie beispielsweise die Fadensegge oder das Sumpfblutauge. Moore seien eigentlich artenarme Lebensräume, stellten die Experten klar. Beeindruckend sei jedoch die hohe Anzahl der bedrohten Arten, die hier wieder etabliert werden konnten. Besonderer Höhepunkt war die Vorführung eines Doppelmessermähwerks von Rudolf Stolz, das an der Front des Traktors angebracht wird. Durch zwei gegeneinander laufende Messer wird das Gras sauber abgeschnitten und kann somit besser nachwachsen. Auch Hanglagen können mit der Technik leichter gemäht werden. Besonderer Vorteil ist jedoch, dass im Gegensatz zu rotierenden Mähern wesentlich weniger Wiesenbewohner getötet werden, was eindrucksvoll zu sehen und zu hören war. Unbeeindruckt des vorherigen Maschineneinsatzes hüpften Kreuzspinne, Wespenspinne, diverse Grashüpfer und Grasfrösche aus dem Mahdgut und erfreuten so die Exkursionsteilnehmer.

Am Naturdenkmal Seitenbruch führt Rudolf Stolz das Doppelmessermähwerk vor, das an der Front des Traktors angebracht wird. Foto: Landschaftspflegeverband


Die Beweidung mit Galloways und Wasserbüffeln eignet sich besonders auch feuchten und nassen Weiden
Am Nachmittag wurden verschiedene Beweidungsprojekte vorgestellt. Anita Battefeld aus Wiesenfeld zeigte ihre Gallowayherde, eine Fleischrasse, die im Familienverbund mit Alt- und Jungtieren das ganze Jahr über draußen gehalten werden kann. Eine Milchkuh würde auf der Fläche vermutlich nicht satt. Die robusten Galloways dagegen sind nicht auf proteinreiche Futterweiden angewiesen, sondern freuen sich über kräuter- und strukturreiche Flächen mit Gehölzen als Unterstand und natürlichen Wasserquellen. Man sei daher genau auf diese Naturschutzflächen angewiesen, erklärte die Tierhalterin, die das Fleisch der Tiere auch in Direktvermarktung zum Verkauf anbietet. An der letzten Station der Exkursion stellten Sebastian und Wolfgang Kahler aus Roda ihre Wasserbüffelherde vor. Anfangs seien sie belächelt worden, heute sei die exotische Herde ein beliebtes Ausflugsziel von Spaziergängern. Die überaus zahmen und sozialen Tiere haben eine viel dickere Haut als Rinder und liegen bei hohen Temperaturen daher am liebsten in einem Tümpel, der sogar durch eine Sprengung angelegt wurde. Mit ihren breiten Klauen können sich die Tiere bestens im sumpfigen Gelände bewegen, schaffen durch Tritt und Verbiss regelmäßig neue Strukturen und halten die Fläche frei von Gehölzen. Nicht zu unterschätzen sei jedoch die Arbeit, wie z.B. das Freischneiden der Zäune, das auch mal bis zu sieben Stunden dauern könne.


Landwirtschaft und Naturschutz arbeiten Hand in Hand
Die Beispiele der Wetschaftaue zeigten eindrucksvoll, wie artenreich das Grünland in unserer Region sein kann. Entscheidend ist eine extensive und nachhaltige Nutzung, wie sie vor Ort mit viel Einsatz und Herzblut praktiziert wird. Sich für den Erhalt der Flora und Fauna einzusetzen, heißt daher zwangsläufig auch, diejenigen zu unterstützen, die die Flächen pflegen und bewirtschaften. Die Exkursionsteilnehmer waren sich diesbezüglich einig: Naturschutz kann nur gemeinsam mit der Landwirtschaft funktionieren. Verfügen Sie über besondere Artenkenntnisse oder Wissen zu bestimmten Arten aus unserer Heimat? Beschäftigen Sie sich beruflich oder privat mit der Thematik oder haben Interesse, mehr über die Flora und Fauna in Waldeck Frankenberg zu lernen? Bei Interesse an der Expertengruppe melden Sie sich beim Landschaftspflegeverband, Kerstin Arndt: Kerstinarndt@lkwafkb.de .

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