Was machen Rebhühner und Feldhasen bei der hohen Schneelage?

Kassel(pm). Nachdem die vergangenen Winter durch milde Witterung und nur wenige Frost- oder Schneetage gekennzeichnet waren, hat uns in Nordhessen seit dem vergangenen Wochenende ein wirklich winterliches Wetter im Griff. Während wir Menschen unsere Wohnungen intensiver heizen und beim Verlassen des Hauses eine wärmere Jacke anziehen können, sind die heimischen Wildtiere der Wetterlage voll ausgesetzt. Sie sind darauf angewiesen, dass sie sich im Herbst genügend Körperfett und ein dichtes Winterfell oder Federkleid zugelegt haben. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen gibt Tipps, was den Wildtieren in dieser frostigen Zeit noch hilft.


Erschwerte Futtersuche
Trotz guter körperlicher Vorbereitung auf den Winter brauchen unsere Wildtiere täglich Nahrung, um ihre Wärmeregulation funktionsfähig zu halten. Bei hoher Schneelage kann die Futtersuche besonders für die kleineren Wildtier-Arten schwierig werden, da sie nicht mehr bis an den Boden zu
ihrer Nahrung gelangen. Während Wildschweine, Reh- und Rotwild mit der momentanen Schneehöhe von etwa 40 cm noch keine Probleme haben, sieht es für die kleinen Arten wie Feldhase oder Rebhuhn und viele Singvögel anders aus.

Energie sparen gilt auch für Wildtiere
Bei Schnee und Frost ist auch bei unseren Wildtieren Energie sparen angesagt. Denn das ermöglicht es, mit reduzierter Futteraufnahme auch schwierige Wintertage zu überstehen. So suchen sie gezielt Bereiche in der Landschaft auf, die guten Wetterschutz und gleichzeitig Nahrung bieten – bei größtmöglicher Ungestörtheit. Auf diese Weise ist effektivstes Energiesparen möglich.

Tarnung geht im Schnee verloren
In den vergangenen Jahren werden vermehrt Zwischenfrüchte wie Senf oder Phacelia auf den Äckern angebaut und bieten dem Wild in Herbst und Winter gute Versteckmöglichkeiten. Doch nach strengem Frost sind diese Pflanzen abgefroren und durch den Schnee flach auf den Boden gedrückt. Sie bieten Wildtieren jetzt meist keine ausreichende Deckung mehr.

Perfekt getarnt – ein Feldhase in abfrierender Zwischenfrucht. Foto: LLH, Andrea Imhäuser

Besonders bei Feldhase und Rebhuhn geht in der weißen Winterlandschaft die bis dahin perfekte Tarnung durch verschiedene Brauntöne in Fell und Gefieder verloren: Braune Flecken fallen in weißer Umgebung optisch stark auf. Nur ihre alpinen Verwandten, Schneehase und Alpenschneehuhn, haben sich über einen jahreszeitlichen Farbwechsel an die Farbe ihrer winterlichen Umgebung angepasst. Bei einer geschlossenen Schneedecke besteht in unseren Gegenden dagegen erhöhte Gefahr, von Beutegreifern wie Fuchs oder Habicht entdeckt und gerissen zu werden.

Um dies zu vermeiden, lassen sich Feldhase und Rebhuhn manchmal sogar
teilweise einschneien. Dieses Verhalten hat mehrere Vorteile: Einerseits fallen sie so trotz brauner Färbung im weißen Schnee nicht auf, andererseits hat der Schnee eine gewisse isolierende Kälteschutzfunktion und hilft zusätzlich beim Energiesparen. Während der Feldhase ohne familiäre Hilfe durch alle Jahreszeiten geht, bleiben besonders Rebhühner im Winterhalbjahr als „Kette“ im wachsamen Familienverband zusammen. Bei so vielen
aufmerksamen Augen ist es für Beutegreifer fast unmöglich, sich unbemerkt heranzuschleichen.

Unordnung in der Feldflur wird zum Lebensretter
Eine gewisse „Unordnung“ in der Feldflur, in Form von niedrigen Hecken, einzelnen Sträuchern oder nicht gemähten Säumen und Böschungen, zahlt sich jetzt für die Wildtiere aus: Denn solche Strukturen sind bei hoher Schneelage die einzige Möglichkeit, ein Versteck mit angenehmerem
Kleinklima zu finden. Deutlich weniger Schnee innerhalb der Hecke ermöglicht den Rebhühnern die Futtersuche am Boden. Häufig befinden sich am Rande solcher Strukturen noch stehende Samenstände von krautigen Pflanzen, die eine willkommene Nahrung bieten.

Ungemähte Böschungen können jetzt Leben retten.Foto; LLH, Andrea Imhäuser


Fütterung in Notzeiten
Im Winter füttern wir Menschen gern die Singvögel in Gärten und an Häusern. Gerade bei hohem Schnee und strengem Frost wird diese Fütterung von den Vögeln noch intensiver angenommen. Feldhasen schälen bei diesen Witterungsverhältnissen gerne liegengelassene Äste von Obstgehölzen oder Weiden, welche in Herbst und Frühling beschnitten wurden, sogenanntes Prossholz. Rebhühner zu füttern gestaltet sich deutlich schwieriger, da sie sich jetzt wenig in ihrem Lebensraum bewegen und nicht aktiv nach einer Futterstelle suchen. Das Feldflurprojekt zum Rebhuhnschutz um Bad Zwesten möchte auf die Fütterung von Rebhühnern komplett verzichten. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Landwirten wird besonderer Wert auf die Verbesserung des Lebensraumes gelegt, indem besondere, mehrjährige Blühflächen für Feldvögel angelegt werden.


Beunruhigungen vermeiden
Der Kreislauf vieler Wildtierarten läuft in diesen Wintertagen auf Sparflamme. Viel wichtiger als das Bereitstellen von Fütterungen ist es jetzt, jede Beunruhigung der Tiere zu vermeiden, denn jede Fluchtreaktion verbraucht unnötige, überlebenswichtige Energiereserven. Hält die hohe Schneelage längere Zeit an und fehlen die überlebenswichtigen Strukturen in der
Landschaft, sind hohe Tierverluste nicht zu vermeiden. Effektiver als jede Notzeitfütterung ist daher die Anlage und Pflege von abwechslungsreichen Strukturelementen, die bei jeder Wetterlage Rückzugsraum und Schutz bieten können.

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