Siedlungsgemeinschaft stiftet Infotafel

Adorf(Jens Figge). Im Rahmen des 900-jährigen Jubiläum Adorfs, hat sich auch die Siedlungsgemeinschaft „Rhenegger Feld“ mit einer Aktion beteiligt. Sie stiftet eine Infotafel vor der Siedlungskulturscheune, worauf die Geschichte der ehemaligen Bergbausiedlung erzählt wird. Das Foto auf der Tafel, welches die gesamte Siedlung von oben zeigt, hat Thorsten Ohm aufgenommen und zur Verfügung gestellt. Den Text haben Hans Hiemer und Horst Figge ausgearbeitet, sie hatten zusammen mit Achim Peltz die Idee dazu. Das erste Haus der Siedlung wurde im Jahr 1950 bezogen, somit kann sie bereits auf eine 70 Jahre alte Tradition zurückblicken. Die Waldeckische Landeszeitung titelte bereits am 22.02.1955 von Klein-Benkhausen, da dort ebenso viele Personen lebten, wie in Benkhausen zu jener Zeit. Der Vorstand vom Verein Adorf 1120 besichtigte die neu aufgestellte Tafel an der Rhenegger Straße und freut sich über das Engagement der Siedlungsgemeinschaft. Sie sind sich einig, dass es sicher noch viele weitere kleine Geschichten im Ort gibt, die sichtbar gemacht werden könnten. Darum rufen sie ausdrücklich zur Nachahmung auf und würden auch Unterstützung bei der Umsetzung anbieten.

Foto: Ostermann; Blick auf die Entstehung der Siedlung im Jahr 1953

Die Mannesmann – Siedlung im Rhenegger Feld

Durch den großen Bedarf an Eisenerz nach dem zweiten Weltkrieg fanden immer mehr Menschen eine Arbeit in der Grube Christiane, dadurch wurde der Wohnraum in Adorf knapp. Die Firma „Mannesmann“, als Betreiber des Bergwerks, förderte den Bau von Häusern für die Steiger und Bergmänner. Daraufhin fingen bald immer mehr „Grubenarbeiter“ an ein Eigenheim zu bauen. Das erste Haus in dieser Siedlung wurde 1949 von dem Kupferschmied Ernst Lux erbaut. Es folgten weitere Häuser in der Sudeten- und Mannesmannstraße. Da viele Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten flüchten mussten, fanden sie hier eine neue Heimat. In fast jedem Haus wurde eine Flüchtlingsfamilie untergebracht. Dadurch konnte man günstige Baudarlehen von der HeLaBa (Hessische Landesbank) bekommen. Ein Haus kostete circa 23.000 DM.

Als 1963 die Grube geschlossen wurde, fanden die Menschen Arbeit bei den Continental Werken in Korbach, bei Betrieben in Bad Arolsen, z.B. Almo und HeWi, aber auch im benachbarten Westfalen, so z. B. Hoppecke, Giershagen und Bredelar. Die Bewohner blieben jedoch ihrer neuen Heimat treu.
Viele der zugezogenen Menschen gehörten dem katholischen Glauben an. Aus diesem Grund wurde im Jahr 1950 auch eine kleine katholische Kirche in der Siedlung gebaut, in der auch heute noch regelmäßig Gottesdienste stattfinden. Woher die vielen Heimatvertriebenen kamen, die hier eine neue Heimat fanden, lässt sich an den Straßennamen ablesen – Sudetenstraße, Ostpreußenstraße und Schlesische Straße. Im Laufe der Jahre wurde die Siedlung, die zum größten Teil auf Rhenegger Gemarkung steht, erweitert. Es kam die Westendstraße dazu, weil es das westliche Ende Adorfs sein sollte. Ein paar Jahre später wurde das Gebiet um die Karl-Müller-Str. erweitert, benannt nach dem ehemaligen Bürgermeister, der sich für den Bau der Siedlung stark gemacht hatte. Das zurzeit letzte Haus wurde im Jahr 2017 gebaut und bezogen.

Erst in 1963 wurde als erste Straße die Sudetenstraße geteert, die anderen Straßen blieben weiterhin Schotterstraßen und wurden erst in den Folgejahren befestigt. Die Kinder spielten auf den Straßen, Autos fuhren nur sehr selten, denn auf der Siedlung gab es nur sehr wenige. Die meisten Bewohner fuhren Fahrrad, Moped und Motorrad oder gingen zu Fuß. Ein wichtiges Transportmittel war der Handwagen. Um 1964/1965 lebten im Rhenegger Feld etwa 80 Kinder im schulpflichtigen Alter oder jünger. Den Kindergarten besuchte keines der Kinder. Es gab ein Lebensmittelgeschäft in der Sudentenstr. 2, welches von der Familie Nowitzki betrieben wurde. Das Haus Ostpreußenstr. 1 gehörte der Gemeinde Adorf und beherbergte den Revierförster. Es gab auch ein Radio- und Fernsehgeschäft, welches die Familie Odendahl führte und später von der Familie Hillemann übernommen wurde, es besteht auch heute noch.

1962 gründete Hans Bartholomey eine Metallwarenfabrik in Adorf. Hergestellt werden Press-, Zieh- und Stanzteile, die dazu benötigten Produktionswerkzeuge werden im eigenen Werkzeugbau angefertigt. Inzwischen befindet sich der Familienbetrieb seit über 20 Jahren in der 3. Generation. Die 25 – überwiegend aus Diemelsee stammenden – Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen produzieren nach wie vor Stanzteile und Werkzeuge für den heimischen und europäischen Markt. Im Jahre 1992 wurde das Gewerbegebiet „Hinter der Linde“ am nordöstlichen Rand der Siedlung ausgewiesen. Hier siedelte die Firma Heinrich Emde ihre Schreinerei an, diese ist bereits in der dritten Generation in Adorf tätig. Es folgte 1996 der Recyclinghof Wilfried Emde, der die Trennung von Kunststoff und Stahl betreibt und den Kunststoff zu Granulat mahlt. 2015 tritt dessen Sohn Swen Emde in den Betrieb ein und es wird der Bereich Werkzeugbau angegliedert. Im Jahr 2011 wurde am westlichen Ende ein Solarpark in Betrieb genommen. Seit 2013 ist außerdem der Stützpunkt der Feuerwehr Adorf mit einem großen Feuerwehrhaus stationiert.

Die heutige Siedlungskulturscheune gehörte zur Zimmerei mit Sägewerk der Familie Stede an der Rhenegger Straße. Einmal im Jahr wurde hier ein Fest gefeiert, das Siedlungsfest. Dazu wurde die Scheune in Gemeinschaftsarbeit ausgeräumt sauber gemacht und sehr schöne Feste gefeiert. 1989 würde anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Siedlung ein großes Jubiläumsfest veranstaltet, an dem die ganze Dorfbevölkerung teilnahm. Heute gehört die Scheune der Familie Hillemann, die diese den Bewohnern der Siedlung zu den Siedlungsfesten weiterhin gerne zur Verfügung stellt.

Viele der Häuser, die in den Anfängen der Mannesmann-Siedlung erbaut wurden, sind mittlerweile nicht mehr im Besitz der ursprünglichen Erbauer und wurden verkauft. Durch den Mauerfall in 1989 haben sich neue Bewohner, unter anderem aus der ehemaligen Sowjetunion und Polen, aber aus auch aus anderen Nationen und Kulturkreisen, angesiedelt, was eine neue interkulturelle Struktur in die Siedlung gebracht hat.
Es geht mit der Geschichte der Mannesmann-Siedlung im Rhenegger Feld von Adorf weiter…

Leave a Comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.