Verwaltungsgericht Kassel: Verbraucher haben keinen Anspruch auf schnelle Auskunft

foodwatch: Klöckner muss Informationsrechte der Menschen per Gesetz stärken

Kassel/Berlin,(pm). Das Verwaltungsgericht Kassel hat einen Eil-Antrag auf Herausgabe verbraucherrelevanter Informationen zum Rückruf der Wilke-Produkte durch hessische Behörden zurückgewiesen. Den Beschluss teilte das Gericht foodwatch am Freitag mit (Aktenzeichen 4 L 2482/19.KS). Die Verbraucherorganisation hatte eine einstweilige Anordnung gegen den hessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg beantragt, um diesen zur Herausgabe von Informationen über die Verkaufs- und Abgabestellen der zurückgerufenen Produkte zu verpflichten. Dieser Antrag scheiterte. Zuvor hatte das hessische Verbraucherschutzministerium gegenüber foodwatch erklärt, über eine Herausgabe der Informationen nicht eilig, sondern nur nach den gesetzlichen Regelfristen entscheiden zu wollen – damit würden die Angaben frühestens nach zwei Monaten öffentlich.

„Nach unserer Auffassung hätten die Behörden schon von sich aus alle bekannten Informationen zu Verkaufsstellen und Abnehmern der Wilke-Wurst öffentlich machen müssen. Dies haben sie nicht getan. Nach Auffassung des Gerichts haben die Verbraucher auf Antrag keinen Rechtsanspruch auf schnelle Information. Das zeigt: Die Gesetze sind nicht ausreichend, um die Menschen wirksam vor Gesundheitsgefahren zu schützen“, erklärte foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Die Verbraucherorganisation forderte Bundesernährungsministerin auf, die Informationsrechte der Menschen mit einer Gesetzesänderung zu stärken. Martin Rücker: „Die Behörden müssen ohne jeden Ermessensspielraum dazu verpflichtet werden, die ihnen vorliegenden Informationen über möglicherweise gesundheitsgefährdende Produkte und die Verkaufsstellen sofort öffentlich zu machen, damit sich Menschen schützen können.“ Das Verbraucherinformationsgesetz, auf das foodwatch seinen Antrag begründet hatte, diene „nicht der akuten Verbraucherwarnung“, heißt es im Beschluss des Verwaltungsgerichts. foodwatch kritisierte, dass den Menschen damit ein Instrument fehle, um ihre Rechte durchzusetzen, wenn die Behörden nicht von sich aus alle gesundheitsrelevanten Informationen transparent machten.

Die Verbraucherorganisation kündigte an zu prüfen, ob dennoch eine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel eingelegt werde. Der Beschluss ist insofern fehlerhaft, als dass er davon ausgeht, dass die beantragten Informationen beim Landkreis nicht vorhanden sind. Tatsächlich hat der Landkreis selbst angegeben, dass eine Abnehmerliste von Wilke existiere, zudem müssen der Behörde mittlerweile auch weitere Informationen zu den Endverkaufsstellen vorliegen. Darüber hinaus lehnte das Gericht den Antrag ab, weil mit der Entscheidung im Eilverfahren die Hauptsache bereits vorweggenommen würde (also die Frage, ob aus dem Verbraucherinformationsrecht ein Auskunftsanspruch abzuleiten ist) und weil im Falle einer Nicht-Herausgabe der Informationen an foodwatch der Organisation keine unzumutbaren Nachteile entstünden. Es liegt in der Natur des Verfahrens, dass nicht geprüft wird, inwieweit eine schwerer Nachteil für die Verbraucherinnen und Verbraucher besteht, die beispielsweise zurückgerufene Produkte verzehrt haben und dies nicht zuverlässig nachprüfen können.

Der Rückruf war am 2. Oktober wegen einer möglichen Belastung mit Listerien erfolgt und erstreckt sich auf alle Produkte der Firma Wilke. Zunächst hatten die hessischen Behörden nur den Herstellernamen und das sogenannte Identitätskennzeichen genannt. Scheibchenweise veröffentlichten sie auf öffentlichen Druck hin schließlich auch die Namen weiterer betroffener Marken und eine Liste mit mehr als 1.100 Produktnamen aus der Produktion von Wilke. Doch weil Wilke-Waren vor allem auch in Kantinen, Krankenhäusern oder an Wursttheken ohne entsprechende Kennungen abgegeben wurden, reichen die Behördenangaben nicht aus: Verbraucherinnen und Verbraucher können damit nicht sicher prüfen, ob sie die aus gesundheitlichen Gründen zurückgerufenen Produkte erworben oder bereits verzehrt haben.

foodwatch hatte daher am vergangenen Sonntag beim Landkreis Waldeck-Frankenberg, beim Regierungspräsidium Darmstadt und beim hessischen Verbraucherschutzministerium mit einer Frist von 48 Stunden die Herausgabe aller den Behörden vorliegenden Informationen über die Verkaufs- und Abgabestellen und einer vorhandenen Abnehmerliste der Firma Wilke beantragt. Das hessische Umweltministerium teilte daraufhin mit, dass es die Anfrage erst nach den Regelfristen des Verbraucherinformationsgesetzes beantworten will – damit hätten die Menschen frühestens nach zwei Monaten die jetzt benötigten Informationen erhalten. Landkreis und Regierungspräsidium antworteten bis Freitag gar nicht auf den Antrag. Der Eil-Antrag an das Verwaltungsgericht Kassel zielte darauf ab, den Landkreis Waldeck-Frankenberg als für die Firma Wilke zuständige Lebensmittelkontrollbehörde zur schnellen Auskunft zu verpflichten.

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