Jetzt Insekten und Vögel retten

NABU und Europaabgeordneter Martin Häusling fordern neue Agrarpolitik

Wetzlar/Marburg(pm). Die Herausforderungen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft standen im Mittelpunktes einer Besichtigung des Schröcker Feldes bei Amöneburg durch den NABU-Landesvorsitzenden Gerhard Eppler und den Europaabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen Martin Häusling. Der NABU Hessen und Martin Häusling forderten dazu auf, in der Agrarpolitik endlich drastisch umzusteuern. „Gelder aus öffentlichen Kassen dürfen nur noch für öffentliche Leistungen der Landwirtschaft verwendet werden, wie die Sicherung und Förderung von Boden, Wasser, Klima, Artenvielfalt und Landschaft“ so Eppler. Der Kontrast könne nicht größer sein: Das Schröcker Feld sei eine völlig ausgeräumte Feldflur, in der als winzige Insel die „Arlle“, eine von Wasserbüffeln beweidete Naturschutzfläche heraussteche. „Die Zeit für die Agrarwende ist jetzt! Wir brauchen eine Offensive für die ökologische Landwirtschaft“, erklärte Martin Häusling. Statt endlich tätig zu werden, klammerten sich die EU-Agrarminister daran, weiter Millionen zu versenken und die Massentierhaltung zu fördern. „Eine nachhaltige, bäuerliche Landwirtschaft setzt auf Agrarökologie, ländliche Entwicklung, Klimaschutz und gesunde Lebensmittel und schiebt dem Artensterben einen Riegel vor“, so Häusling.

Der NABU-Referent für EU-Agrarpolitik Sebastian Strumann und Gerhard Eppler überreichten dem Europaabgeordneten 400 von hessischen Bürger unterschriebene 114-Euro-Scheine, die im Rahmen der NABU-Kampagne für eine Kehrwende in der EU-Agrarpolitik gesammelt wurden. Auf jedem Schein sind Wünsche für den künftigen Einsatz der Gelder notiert, die jährlich pro Bürger für Agrarsubventionen an die Landwirtschaft verteilt werden. Eppler und Häusling riefen dazu auf, sich an der Europawahl im Mai zu beteiligen. „Die Wähler haben es mit ihrer Stimme in der Hand, wie und in welchem Umfang in Zukunft Insektensterben, der Verlust von Feldvögeln, Pestizid-Verbot und die Verringerung von Nitratbelastungen unserer Fließgewässer angegangen wird“, betonte Eppler.

Hintergrund

Die Landbewirtschaftung wird wesentlich von der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) beeinflusst. Jedes Jahr fließen etwa 40 Prozent des EU-Haushalts in die Agrarförderung. Das sind rund 58 Milliarden Euro. Im Durchschnitt bezahle jede Bürgerin und jeder Bürger der EU demnach 114 Euro pro Jahr für die EU-Agrarpolitik. Eine naturverträgliche Landnutzung ist für das Überleben vieler geschützter Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume zwingend notwendig. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Landwirtschaft jedoch zu einem maßgeblichen Faktor für die Belastung der Umwelt und das Artensterben geworden.

So sind einst weit verbreitete Arten wie Kiebitz und Braunkehlchen mittlerweile fast verschwunden, nur noch wenige Paare brüten im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Beim Kiebitz ist der Bestand im mittelhessischen Landkreis seit den 1960er Jahren von über 250 Paaren auf weniger als 15 Paare geschrumpft. Beim Braunkehlchen sieht es fast genauso aus. Im gesamten Bundesland zeichnen sich ähnliche Bestandstrends ab. Hierfür ist vor allem die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) mit ihrer Förderpolitik verantwortlich. Denn die Agrarsubventionen per „Gießkanne“, die zum größten Teil als reine Flächenprämie unabhängig von der Art der Bewirtschaftung gezahlt wird, fördern die umweltschädliche Intensivierung. Dagegen stehen viel zu wenig Mittel für die gezielte Honorierung von Naturschutzleistungen der Landwirte bereit. Durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion kam es in den vergangenen Jahrzehnten zu einem starken Verlust an artenreichem Grünland. Die Landschaft wurde monoton durch Verengung von Fruchtfolgen und Vergrößerung von Ackerschlägen. Übermäßige Nährstoff- und Pestizidausbringung belasten das Grundwasser und Bäche. Energiepflanzen wie Mais werden vermehrt angebaut und ökologische Rückzugsflächen wie Brachen gehen verloren. All das hat die dringend benötigten Lebensräume für viele Arten und auch ihre Nahrungsgrundlage drastisch eingeschränkt.

Fast 42 Prozent der Fläche Hessens werden agrarisch genutzt. Die landwirtschaftliche Praxis hat daher tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Menschen im ländlichen Raum, auf die Beschaffenheit unserer Landschaften und die Vielfalt von Tieren und Pflanzen, auf die Qualität von Wasser, Böden und Luft sowie auf das Klima. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf beträgt der Anteil der landwirtschaftlichen Nutzflächen 43 Prozent. Der NABU bietet eine Protestmöglichkeit im Internet an: Unter https://mitmachen.nabu.de/insektenretten kann man den EU-Agrarausschuss auffordern, sich für wichtige Weichenstellungen der neuen EU-Agrarreform einzusetzen.

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