Zweite Waldstrukturaufnahme im Nationalpark Kellerwald-Edersee

Permanente Stichprobeninventur wird wiederholt – Erhebung von Vergleichsdaten zur Erstaufnahme

Bad Wildungen(pm/nh). Die Permanente Stichprobeninventur (PSI) erfasst alle zehn Jahre die Waldstruktur des Nationalparks Kellerwald-Edersee. Nach der Erstaufnahme in den beiden Winterhalbjahren 2007 bis 2009 geht die PSI derzeit in die zweite Runde. Die Daten, die aktuell an über 1.400 Punkten im Großschutzgebiet nach dem gleichen Verfahren erfasst werden, liefern wichtige Vergleichswerte zur Ersterhebung für die wissenschaftliche Forschung. Mithilfe dieses Langzeit-Monitorings mit Aufnahmen im Turnus von zehn Jahren kann beurteilt werden, wie sich die Waldstruktur im Nationalpark Kellerwald-Edersee unter Prozessschutzbedingungen verändert und wie sich der Nationalpark vom ehemals bewirtschafteten Wald zum Naturwald entwickelt. Zum zweiten Mal findet die Permanente Stichprobeninventur – kurz PSI – im Nationalpark Kellerwald-Edersee statt: Zehn Jahre nach der Erstaufnahme wird die Waldstruktur im Großschutzgebiet erneut aufgenommen. Die Arbeiten dazu haben bereits im November 2017 begonnen und werden innerhalb zweier Winterhalbjahre verrichtet. „Die zweite PSI wird uns wichtige Vergleichsdaten zur Erstaufnahme für die wissenschaftliche Forschung liefern“, sagt Nationalparkleiter Manfred Bauer. Nach Abschluss der Datenauswertung werde sich zeigen, wie sich der Nationalpark unter Prozessschutzbedingungen nach dem Motto „Natur Natur sein lassen“ innerhalb der vergangenen zehn Jahre verändert hat. Das Monitoring solle die Entwicklung vom ehemals bewirtschafteten Wald zum Naturwald dokumentieren.

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Damit das reibungslos gelingt und die Daten immer an denselben Stellen ermittelt werden, wurde über den Nationalpark vor der Erstaufnahme ein Raster gelegt. An den virtuellen Schnittstellen dieses 200 x 200 Meter Gitternetzes, ergeben sich insgesamt rund 1.400 Punkte innerhalb des 5.738 Hektar großen Gebietes, an denen die Daten für die PSI erfasst werden. Jeder Punkt ist der Mittelpunkt eines 500 Quadratmeter großen Probekreises, in dem eine Vollaufnahme der Waldstruktur durchgeführt wird. Die PSI-Punkte wurden vor der Erstaufnahme mit Lasergerät und Global Positioning System (GPS) eingemessen und vor Ort mit verzinkten, rund 30 Zentimeter langen Erdnägeln im Boden markiert. Diese können mithilfe eines Metalldetektors bei jeder weiteren PSI-Datenaufnahme im Zehn-Jahres-Intervall ausfindig gemacht werden. Mit der aktuellen Inventarisierung des Waldes wurde die Firma Center-Forst-GmbH beauftragt. Unter Leitung des Geschäftsführers Fritz Richter nehmen zwei Zweier-Teams die PSI-Daten an den zahlreichen Punkten auf und speisen diese über einen wetterfesten Tablet-PC in den Datenpool des Systems ein. Dazu wurden sie erst kürzlich vom Nationalparkamt mit neuer Hardware und Software ausgestattet. Haben sie einen PSI-Punkt ausfindig gemacht, bildet dieser den Mittelpunkt des 500 Quadratmeter großen Probekreises. Auf dieser Untersuchungsfläche nehmen die beiden Teams alle stehenden Bäume – lebend oder tot – und die liegenden Bäume sowie die Verjüngung auf. Weitere wichtige Aufnahmeparameter sind: Die botanische Art, der Durchmesser, die Höhe und Höhenklasse, Habitatstrukturen, Schichten sowie der Zersetzungsgrad. Ganz wesentlich ist dabei die Ermittlung des Holzvorrates, sowohl bei lebendem als auch bei totem Holz. Dazu wird bei jedem stehenden Baum ab einem Umfang von 7 Zentimetern der Durchmesser in 1,3 Meter Höhe (Brustdurchmesser) und für jede Baumart die Höhe bestimmt. Liegende Bäume werden erst ab 20 Zentimeter Durchmesser aufgenommen. Aufgrund dessen kann der Holzvorrat berechnet werden. Der lebende und der Totholzvorrat sind wichtige Weiser für die Naturwaldentwicklung. Neben diesen Parametern werden über Längen- und Winkelmessungen auch die Lagedaten der Gehölze aufgenommen. So kann beurteilt werden: Wo genau befindet sich auf der Fläche welcher Baum. Auch die Habitatstrukturen an den Bäumen werden detailliert dokumentiert: „Von der Spechthöhle bis zum Blitzschaden, von Mulmtaschen bis zu Pilzen und Stammhöhlen – alles wird aufgenommen. Denn Spalten und Risse in Baumstämmen, ob im Totholz oder im lebenden Bestand, bilden wichtige Lebensraumnischen für verschiedene Arten und tragen somit zur Biodiversität im Nationalpark bei“, erklärt Bernd Schock, Betreuer des PSI-Projekts im Nationalparkamt. Die Aufnahme dieser Sonderstrukturen gebe Aufschluss darüber, wie sich die Lebensgemeinschaften im Ökosystem über die Jahrzehnte verändern und reifen.

Mit dem zweiten PSI-Durchgang zur Dauerbeobachtung der Waldstrukturentwicklung erfüllt die Nationalparkverwaltung eine wesentliche Forschungsaufgabe, deren Ergebnisse nicht nur dem Nationalpark selbst nützen – wie beispielsweise als Grundlage für die Fledermausforschung –, sondern auch Erkenntnisse für den Naturschutz und die forstliche Praxis außerhalb des Nationalparks liefern können. Das Konzept für die PSI wurde von Dr. Peter Meyer und seinen Kolleginnen und Kollegen von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen entwickelt und wird seit mehr als 10 Jahren in den Ländern Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt angewandt. Mittlerweile haben sich auch andere Schutzgebietsverwaltungen dazu entschieden – darunter auch andere Nationalparke. Somit etabliert sich das Verfahren zur Strukturerfassung gerade in den deutschen Naturwäldern.

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