Vitos veranstaltete Symposium zum Thema Home Treatment

Mehr als 120 Teilnehmer diskutieren Möglichkeiten und Grenzen von psychiatrischer Akutbehandlung im häuslichen Umfeld

Bad Nauheim(nh). Mehr als 120 Teilnehmer nahmen am Vortragsprogramm und den anschließenden Workshops teil, darunter Klinikdirektoren, Fachärzte, Pflegekräfte, Sozialarbeiter und andere interessierte Fachbesucher. Die von der Vitos Akademie in Gießen organisierte Veranstaltung war ein Austauschforum für Mitarbeiter der verschiedenen Berufsgruppen aus psychiatrischen Kliniken über bestehende Home-Treatment-Konzepte in Deutschland und in Europa, schwerpunktmäßig in Großbritannien. Große Relevanz hat das Thema seit das Bundesgesundheitsministerium im Jahr 2016 mit dem Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung des Psych-Entgeltsystems den Auftrag zur Stärkung einer sektorenübergreifenden Versorgung erteilt hat, und die stationsäquivalente Behandlung mit §115d Einzug in die Regelversorgung hält. „Vitos ist der Ausbau seiner Home-Treatment-Angebote ein besonderes Anliegen. Zum einen sorgen sie für zufriedenere Patienten, weil sie nach heutigem Kenntnisstand deren Eigenständigkeit und Selbstverantwortung stärken. Zum anderen bieten sie den an der Behandlung beteiligten Mitarbeitern neue interessante Arbeitsfelder. Ob die Behandlungskosten damit sinken oder steigen, kann man heute noch nicht sagen. Allerdings können durch Home-Treatment-Modelle voraussichtlich stationäre Betten abgebaut werden“, erläuterte Reinhard Belling, Geschäftsführer der Vitos GmbH, in seinem Impulsvortrag. Susanne Nöcker, Leiterin des Referates Psychiatrische Versorgung und Maßregelvollzug im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, betonte den politischen Wunsch nach mehr innovativen Behandlungsformen in der psychiatrischen Versorgung und ermutigte die vielen anwesenden Praktiker, aufsuchende Hilfs- und Therapieangebote weiter auszubauen. Prof. Dr. Thomas Becker, Ärztlicher Direktor Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Klinik für Psychiatrie und PTII der Universität Ulm am Bezirkskrankenhaus Günzburg und Leitender Ärztlicher Direktor des BKH Günzburg, beleuchtete die in Deutschland angewendeten stationsäquivalenten Behandlungsmodelle aus wissenschaftlicher Perspektive. Die aktuelle Studienlage lege nahe, dass Home Treatment einen positiven Effekt auf die Behandlungszufriedenheit der Betroffenen und deren Angehörigen habe sowie die Verweildauer und die Wiederaufnahmequote reduzieren könne. Dr. Derek Tracy, Consultant Psychiatrist and Clinical Director of Crisis, Inpatient and Rehabilitation services for South East London, berichtete von seinen Erfahrungen mit Home Treatment in Großbritannien, wo es seit 17 Jahren landesweit aufsuchende Therapieangebote in der Akutversorgung gibt. Er setzte sich unter anderem für die Etablierung geeigneter Qualitätsstandards im Home Treatment ein. Wie die aufsuchende therapeutische Arbeit im Alltag funktioniert, erläuterte Dr. Barbara Bornheimer, Leitende Ärztin der Vitos Klinik Bamberger Hof, wo seit dem Jahr 2000 Home Treatment praktiziert wird. Home Treatment sei eine sehr intensive Form der Therapie, sagte Bornheimer, denn das, was wirke sei die Beziehung zwischen Patient und Therapeut. Im häuslichen Umfeld stünden diese sich anders gegenüber als in einem stationären Rahmen, weil der Patient immer „Heimvorteil“ habe und somit die Regie übernehme. Die Behandlungsteams des Bamberger Hofes sind multiprofessionell besetzt und stehen in enger Abstimmung untereinander. Wie wichtig ein starkes und gut funktionierendes Behandlungsteam bei der aufsuchenden Therapie ist, wurde auch im Vortrag von PD Dr. med. Isabel Böge, Chefärztliche Leitung der Kinder- und Jugendpsychiatrie des ZfP Südwürttemberg, deutlich. Sie legte dar, dass Home Treatment auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine nachhaltig wirksame Alternative zum stationären Aufenthalt sei.

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