Gehörlose Opfer der Zwangssterilisation und Euthanasie in der NS-Zeit

Gebäude der „Provinzial-Taubstummenanstalt“ in Büren, nach 1945: „Gehörlosenschule“, heute: „Moritz-von-Büren-Schule, LWL-Förderschule, Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation“, Foto um 1916, Stadtarchiv Büren/nh

Gedenkveranstaltung im Burgsaal des Kreismuseums Wewelsburg

Büren/Kreis Paderborn(krpb/nh).  Am 1. Januar 1934 trat im Deutschen Reich das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. In den folgenden Jahren wurden über 350.000 Personen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen durch die Nationalsozialisten zwangssterilisiert. Hitler selbst gab den „Euthanasie-Befehl“, der es Medizinern erlaubte, so genanntes „unwertes Leben“ auszulöschen. Mehr als 300.000 Menschen wurden ab 1939 in den „NS-Euthanasie-Tötungsanstalten“ ermordet. Am Samstag, 18. Februar, um 15 Uhr im Burgsaal der Wewelsburg erinnert das Kreismuseum Wewelsburg mit einer Veranstaltung an die Opfer von Zwangssterilisation und Euthanasie in der NS-Zeit. „Diese menschenverachtenden Geschehnisse dürfen nicht vergessen werden“, betont Museumsleiterin Kirsten John-Stucke. Auch Gehörlose waren von dem Gesetz betroffen und wurden zur Sterilisation gezwungen, darunter häufig sogar Kinder im Alter von zehn oder zwölf Jahren. „Sie verstanden überhaupt nicht, was Ihnen angetan wurde“, sagt John-Stucke. Jahrzehntelang kämpften die Opfer vergeblich um eine Entschädigung. Helmut Vogel, Präsident des Deutschen Gehörlosen-Bundes e.V. und Margret Hamm als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V.. Helmut Vogel präsentiert seinen Dokumentarfilm „Gehörlose Opfer der Zwangssterilisation und der Euthanasie in der NS-Zeit“, gefördert von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“. Er zeigt die Lebensgeschichten von unbekannten gehörlosen Opfern der Zwangssterilisation und NS-Euthanasie und gibt ihnen damit ein Stück ihrer Würde zurück. Autorin Elisabeth Brockmann stellt ihr neues Buch „»Euthanasie« und Zwangssterilisation zwischen 1933 und 1945. Gehörlose Opfer und Zeitzeugen berichten“ vor. Zusammen mit Franz Hennig suchte sie zwei Jahre lang nach schriftlichen Belegen für die Zwangssterilisationen von Gehörlosen auch hier in der Region. Dabei sei es nicht einfach gewesen, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen, denn noch heute schämten sie sich für das, was die NS-Mediziner ihnen antaten. Einige der von Brockmann porträtierten Gehörlosen besuchten damals die „Provinzial-Taubstummenanstalt“ in Büren. Einlass ist bereits um 14 Uhr. Offizieller Beginn ist um 15 Uhr, sodass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorher bei Kaffee und Kuchen austauschen können. Für die Veranstaltung stehen Gebärdendolmetscher zur Verfügung. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

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