Dorfleben in kleineren Orten fördern: Landkreis veranstaltet Workshop

Über Kriterien, um die Zukunftsfähigkeit von kleinen Orten zu vergleichen, diskutierten Dr. Jürgen Römer, Prof. Claudia Neu, Michele Spohr, Dr. Stephanie Arens und Dr. Reinhard Kubat. Foto: Landkreis Waldeck-Frankenberg/nh

Korbach(nh). Unter dem Schlagwort des demografischen Wandels werden in den Bundesländern verschiedene Förderprogramme betrieben. Sie sollen einerseits Gegenmaßnahmen, andererseits auch Anpassungsstrategien fördern.

 Dabei geht es auch um die Zukunftsfähigkeit von kleineren Orten. Um deren Vitalität besser erfassen und fördern zu können, hat der Fachdienst Dorf- und Regionalentwicklung des Kreises in einem Workshop Kriterien erarbeitet, die helfen sollen, die Dörfer so lebenswert zu halten wie sie sind. Die Zukunftsaussichten eines Ortes – egal welcher Größe – lassen sich schwer messen. Nichtsdestotrotz hat das Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung Kriterien entwickelt, die dies erkennbar machen sollen. „Das sollen unter anderem die Ortsgröße, Entwicklung der Einwohnerzahl, Altersstruktur, bürgerschaftliches Engagement und die Entfernung zum nächsten Oberzentrum sein“, erklärt Fachdienstleiter Dr. Jürgen Römer. Die Workshop-Teilnehmer Dr. Reinhard Kubat, Angehörige des Fachdienstes sowie Prof. Claudia Neu von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach, Michele Spohr von der Leibniz Universität Hannover und Dr. Stephanie Arens von der Südwestfalenagentur Olpe waren sich jedoch schnell einig, dass eine Erfassung von Zukunftsfähigkeit an reinen Zahlen nicht möglich ist. „Denn viele Indikatoren für eine lebendige Dorfgemeinschaft wie beispielsweise nachbarschaftliche Solidarität oder sozialer Austausch lassen sich darin gar nicht abbilden“, so Römer. Daher entwickelten die Teilnehmer alternative Vorschläge zu den existierenden Methoden, um die Lebensfähigkeit von Orten vergleichbar zu machen. „Dabei steht im Vordergrund, dass die Kriterien nachvollziehbar, vergleichbar, leicht messbar und zu erheben, flexibel und leicht darstellbar sind“, sagt Römer. Weiterhin sollten sie nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ sein. Kurzreferate gaben entsprechenden Impulse, die zu einer fruchtbaren Diskussion führten. Dr. Reinhard Kubat wies in seinem Impuls auf möglich politische Folgen einseitiger Einschätzungen dörflicher Überlebensfähigkeit hin. „Sie beruhen häufig auf politisch begründeten Vorannahmen, die der Lebensrealität gar nicht gerecht werden“, so der Landrat. Er wandte sich gegen Einschätzungen, die von externen Fachleuten vom Schreibtisch aus ohne eine nähere Ortskenntnis abgegeben würden. „Die Ergebnisse eines solchen Vorgehens sind Bürgerinnen und Bürgern kaum zu vermitteln – zu Recht.“ So wurden alternative Kriterien entwickelten, um die Vitalität kleiner Dörfer vergleichbar zu machen: Dazu gehören soziale Orte, bürgerschaftliche Projekte, Wirtschaft und Arbeitsplätze, Vereinsleben, Netzwerke, Integration und Inklusion sowie die Altersstruktur, der anteilige Wohnraumleerstand, die aktive und passive Wahlbeteiligung sowie die Bevölkerungsentwicklung der letzten zwei Generationen – alles in Relation zur individuellen Bevölkerungszahl und –zusammensetzung. „Es zählt nicht die Anzahl der Vereine eines Ortes“, erläutert Dr. Jürgen Römer beispielhaft. „Sondern die Intensität des Engagements und des sozialen Austauschs.“ Auch sei die prozentuale Wahlbeteiligung der Einwohnerzahl ein vergleichbarer Indikator für die Vitalität eines Ortes. Weiterhin kamen die Teilnehmer zu dem Ergebnis, dass Rankings von Zukunftsfähigkeit nicht sinnvoll seien. „Ziel muss es vielmehr sein, Bedarfe passgenau für jeden einzelnen Ort zu erkennen und die Vergabe von Fördermitteln darauf abzustimmen.“ Eine wünschenswerte Folge sei der effektivere Einsatz von Steuergeldern in der Förderung ländlicher Räume.

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