„So rosig ist die Lage nicht!“ Uwe Kemper Leiter der Agentur für Arbeit Korbach im Interview

Uwe Kemper, Leiter der Agentur für Arbeit Korbach. Foto:nh

Waldeck-Frankenberg(nh). Das Hoch auf dem heimischen Arbeitsmarkt präsentiert sich auch im Juni stabil. Nahtlos setzt sich die saisonübliche Frühjahrsbelebung im ersten Sommermonat fort und beschert erfreuliche Werte. So meldet sich die Arbeitslosenquote mit 4,7 Prozent, während es im Mai 4,8 Prozent und im Juni 2014 noch 5,0 Prozent gewesen waren. Aktuell sind 8711 Jobsuchende in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Schwalm-Eder gemeldet, 149 weniger als vor einem Monat und 390 weniger als vor einem Jahr.

 Herr Kemper, die Arbeitslosenquote ist seit Monaten auf Talfahrt, immer weniger Menschen sind ohne Job. Erleben wir zurzeit ein Sommermärchen auf dem Arbeitsmarkt?

Uwe Kemper (lacht): Schön wär’s. Nein, ganz so rosig ist die Lage nicht. Zwar sind tatsächlich die Arbeitslosenzahlen deutlich gesunken. Das ist aber vor allem der saisonüblichen Frühjahrsbelebung geschuldet. Aktuell haben wir in den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Schwalm-Eder 8711 Menschen ohne Beschäftigung. Das sind immer noch 8711 zu viel. Auf der anderen Seite sind knapp 2000 offene Stellen gemeldet, so viel wie seit 1999 nicht mehr.

Das hört sich nach besten Chancen für eine schnelle, erfolgreiche Vermittlung an?

Uwe Kemper: So einfach ist es eben leider nicht. Oftmals klaffen Bewerber- und Stellenprofil weit auseinander. Arbeitgeber müssen ihre Ansprüche senken und Bewerber ihre Qualifikationen ausbauen, damit die passgenaue Besetzung einer Arbeitsstelle gelingt. Die Agentur für Arbeit Korbach hilft hier mit Beratung, Förderung und Finanzierung. Aber das Ziel zu erreichen, ist eben kein Selbstläufer, sondern erfordert Zugeständnisse und Anstrengungen von beiden Seiten.

Welche Rolle spielen hier der demografische Wandel und der wachsende Fachkräftebedarf?

Uwe Kemper: Eine große Rolle. Schon jetzt spüren wir den Fachkräftemangel in manchen Wirtschaftszweigen empfindlich, beispielsweise im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Pflege- und Gesundheitsbranche. Das ist nicht verwunderlich, denn beide Bereiche kämpfen zusätzlich mit einem schlechten Image bezüglich Arbeitszeit und –entgelt.

Lassen sich nicht Berufsstarter für besonders betroffene Branchen begeistern?

Uwe Kemper: Das ist unser Ziel. Generell plädieren wir für die duale Ausbildung, mit der Deutschland im Ausland glänzt, aber in den eigenen Grenzen zunehmend an Zustimmung verliert. Das ist schon paradox, aber eben auch Fakt, dass immer mehr Jugendliche nach ihrem eigentlichen Schulabschluss weiterführende Schulen besuchen statt eine duale Ausbildung zu starten. Dahinter steckt oftmals der Irrglaube, die eigenen Chancen garantiert zu erhöhen. Das trifft aber ganz sicher nicht auf jeden zu. Die duale Ausbildung bietet eine Fülle an Möglichkeiten und auch Aufstiegschancen, die durchaus mit einer akademischen Laufbahn konkurrieren können.

Auch in Waldeck-Frankenberg und Schwalm-Eder?

Uwe Kemper: Ganz sicher. Vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen suchen viele Unternehmen händeringend nach Bewerbern und stehen mittlerweile auch in Konkurrenz zueinander. Während sich früher Jugendliche um eine Lehrstelle bemühen mussten, müssen sich heute viele Ausbildungsbetriebe um Jugendliche bemühen. Nur wer sich hier attraktiv aufstellt, kann verhindern, künftig wegen mangelnder Fachkräfte auszubluten.

Das hört sich dramatisch an. Müssen wir uns langfristig um die heimische Wirtschaft sorgen?

Uwe Kemper: Nein, denn gerade die regionalen Unternehmen haben bereits bewiesen, dass sie einen äußerst robusten Mix aus kleinen und mittelständischen Firmen bis hin zu Globalplayern bilden. Damit es so bleibt, müssen wir jedoch künftigen Herausforderungen aktiv begegnen und sie gemeinsam meistern.

Leave a Comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.